22. Dezember 2016

Vera Lengsfeld schreibt an die Familie des ermordeten LKW-Fahrers

Berlin,den 21.12.2016

Lieber Herr Zurawski,

hiermit möchte ich Ihnen und vor allem der Familie Urban mein tief empfundenes Beileid aussprechen.

Sie haben nicht nur einen fürchterlichen Verlust erlitten, Sie sind in eine Öffentlichkeit gezerrt worden, die nicht immer fair oder rücksichtsvoll mit Ihnen oder Ihrem ermordeten Cousin umgeht und damit neuen, unnötigen Schmerz zufügt.

Ich schreibe Ihnen, weil ich mich schäme, dass unsere Kanzlerin, als sie fünfzehn Stunden nach dem entsetzlichen Anschlag endlich eine Erklärung abgab, Lukasz Urban mit keinem Wort erwähnte. Sie hat sich , so weit ich weiß, auch sonst nicht an die Polen gewandt mit einer Entschuldigung dafür, dass ein polnischer Bürger, der das erste Opfer eines terroristischen Anschlags wurde, stundenlang in den Medien als „Beifahrer“ und damit Mittäter bezeichnet wurde. Selbst als schon feststand, dass er erschossen worden war, wurde das Wort „Beifahrer“ noch benutzt.

Ich schäme mich für diese fatale Berichterstattung und die Kälte unserer Kanzlerin gegenüber Lukasz Urban und Polen. Deshalb möchte ich Ihnen sagen, dass es tausende Deutsche gibt, die das wie ich empfinden. Man hört ihre Stimme nicht in den Mainstream-Medien, aber man kann sie in den zahllosen Kommentaren finden, die diese Menschen auf der Seite der Bundeskanzlerin, der Bundesregierung und den Medien abgeben, sofern die Kommentarspalten nicht abgeschaltet wurden. Seien Sie versichert, dass tausende Menschen in Deutschland an Sie und Ihre Familie denken.

Ich wünsche Ihnen und ihrer Familie viel Kraft die kommenden schrecklichen Tage, das erste Weihnachten ohne Lukasz Urban und hoffe, dass Sie Trost darin finden, dass Herr Urban ein tapferer Mann war, der kämpfend starb. Bitte übermitteln Sie Frau Urban mein Beileid und meine guten Wünsche.

Mit herzlichen Grüßen!

Ihre

Vera Lengsfeld