18. April 2012

Iran. Das beste islamkritische Musikvideo

Before 1979: Iranian women with hejab on the left, and chador on the right

Hallo, PI, ist ja alles schön&gut, aber das Video zeigt nicht (!) die Lage im Iran vor 1979, leider. Es zeigt das Lebensgefühl einer Bürgerschicht, der Reichen von Schimran, Teherans kühlem Norden, der Wissenschaftler, Professoren, Studenten, Künstler. Von Tophane und seiner gläubigen Bevölkerung, im Süden Teherans, handelt das Video nicht.

Es waren übrigens eben diese Bürger, die gegen den Schah auftraten, jedenfalls viele von ihnen. Nicht umsonst konnte der Erdnußbauer der USA seine miesen Geschäfte tätigen und dem Sturz des Schahs Vorschub leisten. Schon 1962 habe ich von iranischen Studenten der Nationalen Front in Göttingen auf meine tollkühne Behauptung, wenn der Schah endlich weg wäre, kämen Demokratie und Linke, also bis hin zur Tudeh-Partei, an die Regierung, nur Hohn und Spott geerntet. "Ja, wer denn sonst?" - "Na, die Mollahs!" Und ich bekam eine Einführung in den Islam, Variante Schia, daß mir Hören&Sehen verging. Im Iranistikstudium lernte frau solches nicht, da gab es Hafez, Saadi, Enwari, Rumi und Rudolf Gelpkes verquaste Haschisch- Idylle Vom Rausch im Orient und Okzident. Im Unterschied zu den Linken heute habe ich die Belehrung angenommen, selbst wenn manchmal Zweifel aufkamen, was die Mollahs und ihre Fähigkeit zur Regierung anging.

Ich habe 1965 ein Jahr im Iran studiert, und da war ich auch auf dem Lande, auf dem Lande heißt dabei nicht einmal, in kleinen Dörfern, durch die bin ich mit dem Bus gefahren, sondern in mittleren und kleinen Städten. Dort konnte ich zwar unbehelligt reisen und leben, einmal, am Kaspischen Meer, mit 'ner Knarre unterm Bett: "Für alle Fälle," meinten meine Gastgeber, einmal auch, in Schiraz, unter den Fittichen des Hotelbesitzers, der mich vor einer Horde von vier Ehefrauen eines arabischen Ölscheichs und ihren Kindern in Schutz nahm, aber ich habe gesehen, wie die Gesellschaft dort aussieht, ganz anders als in Euerem Video gezeigt. Im Video sieht man nur an einer Stelle Frauen im Tschador. Über Mollahs wie über Türken gab es Witze ähnlich unseren Ostfriesenwitzen:

Der Mollah trifft einen Freund auf der Straße: "Hallo, ich habe ein Haus gebaut, möchtest du es sehen?" - "Ja, gern." Der Mollah und sein Freund kommen also unverhofft bei jenem zu Hause an: "Das ist die Küche, der Herd, der Tisch, die Stühle. Das ist das Wohnzimmer, der Teppich, die Kissen, das Tepsi, die Nargile. Das ist das Schlafzimmer, der Schrank, das Bett, im Bett, das ist meine Frau, und der daneben, das bin ich!"

Meine Erlebnisse ließen mich zweifeln daran, daß die Mollahs eines Tages an die Macht kämen. Das war aber zu Ende, als der Ayatollah Ruhollah Khomeini im Iran einzog. Wie konnten Eliten des Westens die Gefahr nicht erkennen, wie konnten sie gar für diesen Diktator sein oder den Islam schönreden? Wie kann man heute noch an Macht und Einfluß der Mollahs zweifeln und sich einbilden, eine "grüne Revolution" müsse das ganze Land erfassen?

Diese völlig verfehlte Sichtweise führt dazu, daß man meint, die Wahlen im Iran wären im großen Stil verfälscht, und die Iraner wollten in Wirklichkeit in ihrer Mehrheit Demokratie. Es mögen Fälschungen vorgekommen sein, aber nicht so, daß sich das Ergebnis geändert hätte. Mahmud Ahmadinejad mag demnächst ausrangiert werden, aber der Regierungschef Ali Khamenei ist weiterhin der Herrscher. Was das für die Iraner und für die Region bedeutet, erfahren wir täglich aus den Medien.

Unter solchen Bedingungen an einer Atombombe zu bauen und sie vielleicht sogar tatsächlich zu schaffen, das zeigt, daß die Intelligenz des Landes sich auf die Seite der Mollahs geschlagen hat, sonst würden sich die Wissenschaftler weigern, auch nur eine Idee in der Richtung zu verschwenden. Niemand muß Atombombenbauer werden, wenn keiner daran bauen würde, gäbe es das Problem heute nicht. Es sind die Nachkommen derselben Bürger, die sich für die Absetzung des Schahs begeistert haben, die auf den Fotos auf Euerem Video. Sie haben nichts gelernt.

Liebe Grüße!
Gudrun Eussner