10. Januar 2012

Tobin-Steuer / Finanztransaktionssteuer

Philipp Rösler weiß, was auch Angela Merkel weiß, aber genau wie Nicolas Sarkozy aus billigstem Opportunismus nicht sagt: Eine solche Steuer ist nicht machbar. Frankreichs Nationalversammlung hat bereits am 13. Dezember 2001 unter der Regierung Jacques Chirac/Lionel Jospin dafür gestimmt, sie aber niemals eingeführt. Alles, was da draufgeschlagen wird, bezahlen die Bankkunden, vor allem die kleinen, ich beispielsweise. Das Kapital wird abwandern in Länder, die eine solche Steuer nicht eingeführt haben, nach Indien und China sowie in Offshore Tax Havens, in Steuerparadiese.

Die großen Kunden finden immer (!) eine Möglichkeit, diese Steuer zu umgehen. Das habe ich in jahrelanger Arbeit mit asiatischen Entwicklungsbankern gelernt, mit Indern und Chinesen, und die waren fortschrittlich, man konnte sie nach unseren Kriterien als links bezeichnen. Experten werden aber nicht gefragt, wenn Ideologen und machtgeile Politiker_Innen entscheiden. Gegen die Wahrheit sind Tatsachen machtlos.

Oskar Lafontaine auf der Suche nach'nem neuen Job. Aus dem Archiv einer ehemaligen Linken ... ist der Titel eines Artikels, den ich aus Anlaß des ATTAC-Kongresses in Berlin, vom 19. bis 21. Oktober 2001 (zweitausendundeins) schreibe, und darin:

Die "Aufforderung von Parlamentariern für die Tobin Gebühr" wurde von 16 deutschen Abgeordneten (10 MdBs und 6 EPs), von 710 europaweit, unterzeichnet. Petra Pau, Carsten Hübner, Winfried Wolf, Sylvia-Yvonne Kaufmann und viele andere erkennen den Trend der Zeit. Die Unterschrift kostet ja nichts, denn die Tobin-Steuer wird niemals kommen, ganz einfach, weil sie auf den Finanzmärkten der Welt technisch nicht machbar ist.

Nun schickt mir Campact.de den neuesten Newsletter und demonstriert, was dessen Macher unter Demokratie in Aktion verstehen: Volksverdummung.

Ich soll einen Protest-Appell an Philipp Rösler unterzeichnen. Es gebe bereits 70 141 Unterzeichner/innen.

"Liebe Gudrun Eussner,
großartig! Jetzt will auch Bundeskanzlerin Merkel die Finanztransaktionssteuer im Euroraum. Das verkündete sie gestern nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Sarkozy. Doch die FDP - klein aber bockig - kündigt schon an, die Beteiligung von Finanzinvestoren an den Kosten der Krise weiter zu blockieren. FDP-Chef Rösler will der Steuer nur zustimmen, wenn alle EU-Staaten sie einführen. Ein durchsichtiges Manöver: Er weiß genau, dass sich Großbritannien darauf nicht einlässt."

Die CDU ist nunmehr auf dem Niveau von Oskar Lafontaine, Christian Ströbele und Jean Ziegler angekommen.

Inzwischen schäme ich mich nicht mehr nur des Bundespräsidenten wegen, sondern auch wegen der Kanzlerin. Mich der Linken zu schämen, zu denen ich mich einst zählte, habe ich schon lange aufgegeben.

Deutschland hat fertig!