12. November 2011

Perpignan. Es gibt wieder Gedenken an tote Juden!


Hommage aux victimes juives ergibt bei Google.fr 16 400 Angebote, Würdigung der jüdischen Opfer in aller Welt, aber unsere Juden, die aus dem Lager Rivesaltes, acht Kilometer von Perpignan, die stehen heute ganz oben, denn ihrer wird einmal mehr von Zakhor Pour La Mémoire gedacht. Nicht nur Preise und Orden werden unter der Schirmherrschaft des Botschafters Israels in Frankreich jährlich verteilt und entgegengenommen, sondern es ist immer noch sonst viel los in Sachen toter Juden, und so steht ein Dutzend Gedenkender, wahrscheinlich am Nationalfeiertag des Waffenstillstands, der von der Regierung Frankreichs nun schon länger ohne die inzwischen sämtlich verstorbenen Poilus begangen werden muß, vor einer Stele und einer in den Boden eingelassenen Tafel und gedenkt "im Beisein zahlreicher ziviler, militärischer und konsularischer Autoritäten", deren Namen dem Provinzblatt Indépendant nichts zur Sache tun, "in einer sehr bewegenden Würdigung" der Internierten des Camp de Rivesaltes, von Serge Klarsfeld bezeichnet als "Drancy der unbesetzten Zone", des Gebietes, das erst 1942, am 11.11. (sic!), von deutschen Truppen besetzt wird, aber nicht nur dieser Internierten, "sondern auch der Millionen Menschen, Männer, Frauen und Kinder, die in die Todeslager geschickt wurden ihrer Zugehörigkeit zu Rassen, die die Hitlersche Verrücktheit, la folie hitlérienne, in den Rang der 'Untermenschlichkeit', 'sous-humanité', eingestuft hat."

Die jüngere der beiden trauernden und gedenkenden Damen ist die neue Ehrenkonsulin Deutschlands in Perpignan Dr. Nicole Bringmann, Anwältin und Lehrbeauftragte an der Universität Perpignan. Deutschland wird von Frankreich gern mehrfach vorgeführt, am 11.11.11, um 11:11 Uhr (?), zum Beginn der Fünften Saison, gleich im Doppelpack. Jecker geht's nicht mehr.

Der Präsident von Zakhor Philippe Benguigui, hauptamtlicher Wahrer des Gedenkens an die in Europa vernichteten aschkenasischen Juden, legt seine Orden an. Er ähnelt damit aber nicht sowjetischen Generalen, die man bei ihrem Ableben nicht beerdigt, sondern verschrottet; er ist dazu noch viel zu jung. Wie man auf dem Foto sieht, stehen in ehrfürchtiger Entfernung noch weitere Gedenkende, die müssen aber nicht so nah herankommen an die Provinzwürdenträger, Präfekten, Magister, Schreiber und Pfaffen.

Gedacht wird vor einer Stele, auf die Namen von 125 Opfern des Nazismus eingraviert sind, und in den Reden tönt es "nicht vergessen", "erinnere dich", "die Flamme der Erinnerung möge niemals verlöschen", "unser Gedächtnis ist ihr einziges Grab". Bei diesem wieder einmal auf Hochtouren arbeitenden Roussilloner Holocaust-Gedenken mit seinem Portefeuille an Aufgaben für Holocaust-Gedenkende, für Steinmetze und andere Handwerker ist mir  das Grab in den Lüften, von Paul Celan lieber, da wird's nicht so eng!

Die Erinnerung an die Verbrechen Deutschlands und des Nationalsozialismus steht in Frankreich jedes Jahr mehrfach auf dem Programm. Mit jeder deutschen Schandtat verblaßt die Kollaboration der Bürger Frankreichs und ihrer Verwaltung mehr. Sie wird auf Vichy reduziert, Maréchal, nous-voilà. Wir sind bereit, singen aber Tausende von begeisterten Franzosen. Das vergessen zu machen, kann Deutschland nicht genug vorgeführt werden, und eine freundliche Erinnerung an diejenigen Franzosen, die Juden geholfen haben, darf in keinem Gedenken fehlen.

Auf der Plakette vor der Stele liest man:

"Hitlerdeutschland hat 6 500 Juden aus Baden und der Pfalz nach Frankreich deportiert. Die Regierung des französischen Vichy-Staates hat sie umgehend in die Internierungslager von Gurs geleitet. Von ihnen wurden zahlreiche in andere Internierungslager überstellt, darunter in das von Rivesaltes. Andere wurden unter Hausarrest in der unbesetzten Zone gestellt, wo einige dank der Unterstützung aus der Bevölkerung im Untergrund überleben konnten. 125 im Lager von Rivesaltes verstorbene Opfer liegen auf diesem Friedhof. Ungefähr 1 800 der deportierten 6 500 Juden starben in den Internierungslagern oder in den französischen Krankenhäusern. Von 1942 an wurden die meisten derjenigen, die überlebt hatten, vom französischen Vichy-Staat den deutschen Besatzungsbehörden in Drancy ausgeliefert, von wo aus sie in die Vernichtungslager der Nazis ins besetzte Polen deportiert wurden. In den Lagern wurden Männer, Frauen und Kinder Opfer der Shoah. Es hat nur wenige Überlebende gegeben."

"L'Allemagne hitlérienne a déporté 6 500 juifs de Baden et de Palatinat en direction de la France. Le gouvernement de l'Etat français de Vichy les a aussitôt dirigés vers les camps d'internement de Gurs. Nombre d'entre eux furent transférés vers d'autres camps d'internement, dont celui de Rivesaltes. D'autres furent placés en résidence surveillée en zone libre où certains ont pu survivre dans la clandestinité grâce au soutien de la population. 125 victimes décédées au camp de Rivesaltes reposent dans ce cimetière. Environ 1 800 des 6 500 juifs déportés moururent dans des camps d'internement ou dans des hôpitaux français. A partir de 1942 la plupart de ceux qui ont survécu furent livrés par l'Etat français de Vichy aux autorités allemandes d'occupation à Drancy d'où ils furent déportés dans des camps d'extermination nazis en Pologne occupée. Dans les camps, hommes, femmes et enfants déportés furent victimes de la Shoah. Il n'y eut que de rares survivants".

Nicht nur "der französische Vichy-Staat", sondern auch sein Personal, Tausende von Kollaborateuren, arbeiten überzeugt mit: In der Pariser Region erregt die Arbeit der Erfassung [der Juden] durch die von André Tulard geleiteten Dienste der Polizeipräfektur in einer Rekordzeit die Bewunderung Theo Danneckers, des Gestapo-Chefs in Frankreich. Dans la région parisienne, le travail de recensement effectué en un temps record par les services de la préfecture de police dirigés par André Tulard suscite l’admiration de Théo Dannecker, chef de la Gestapo en France occupée.

Gleichzeitig mit dem Gedenken an die toten Juden läuft die Arabienpolitik Frankreichs, die Ambivalenz der französischen Haltung in der UNO und damit die Delegitimierung Israels, und niemals habe ich den ordensgeschmückten Zakhor-Präsidenten von Rivesaltes ein Wort dagegen sagen gehört, im Gegenteil, er ist beteiligt an den Aktivitäten des Centre Méditerranéen de Littérature und dessen Arabienpolitik. Man google bitte Philippe Benguigui UNESCO. Man google diesen Namen mit irgend einem aktuellen, für Israel und seine gegenwärtige Lage bedeutenden Begriff: la-schâw!

Eines Tages wird er mir sagen, dafür sei er nicht da, sondern das machten andere.