2. April 2011

Frankreich. Der Krieg gegen Israel mittels Gaza-Flottille geht weiter

Jedes Jahr hält auf dem Dîner des Conseil Représentatif des institutions juives de France (CRIF) der Premierminister und neuerdings sogar Präsident Nicolas Sarkozy, der "Freund Israels", eine Rede über den Kampf der französischen Regierung gegen Antisemitismus. Anwesend im Pavillon d'Armenonville, im Bois de Boulogne, dem Wäldchen, in dem Stricher, Nutten und Transvestiten ihrer Arbeit nachgehen, sind am 9. Februar 2011, Kabinettsmitglieder, Botschafter, jüdische, christliche und muslimische Würdenträger. In diesem Jahr begrüßen sie die "Mobilisierung zugunsten der Demokratie" in Tunesien und Ägypten.

Der Präsident des CRIF, des Repräsentativen Rates der jüdischen Institutionen Frankreichs, "Richard Prasquier machte aus Israel den 'einzigen demokratischen Staat in der Region' und prangerte den 'Handelsboykott' gegen Israel an, der seiner Ansicht nach darauf zielt, ihn zu delegitimieren und dazu, 'ihm zu untersagen, seine Sicherheit zu gewährleisten'," berichtet Le Parisien. Das Blatt distanziert sich durch Formulierungen und Anführungszeichen von diesen Worten doppelt und dreifach; man liest: Du, Jude, behauptest, Israel wäre eine Demokratie, noch dazu die einzige in der Region? Du bildest dir ein, gegen Israel bestünde ein Handelsboykott, der den Staat delegitimieren und ihn in Souveränität und Sicherheit einschränken soll? Hast du noch nicht begriffen, daß Israel ein Apartheidstaat fern demokratischer Mindeststandards ist, den zu boykottieren, das Recht und die Pflicht eines jeden aufrechten Franzosen ist, daß der Staat Israel sich selbst delegitimiert und keinerlei Recht hat auf Sicherheit?

Wem das als eine zu starke Dröhnung erscheint, der sei daran erinnert, daß die Regierung und die Nationalversammlung Frankreichs Israel ebenfalls so einschätzen, Le Parisien ist nichts als die Stimme seines Herrn. In den Räumen der Nationalversammlung wird drei Monate vor dem Dîner des CRIF, am 26. Oktober 2010, eine Pressekonferenz abgehalten zum Start der Kampagne "Ein Schiff für Gaza".

Das Allparteienkartell der Nationalversammlung Frankreichs, von der UMP über den PS und die Grünen bis zu versprengten Kommunisten; alle machen mit bei der Aberkennung des Hoheitsrechts und der staatlichen Rechte Israels. Werden die früheren anti-israelischen Projekte organisiert von linken und islamischen Palästina-Solidaritätsgruppen und nur stillschweigend unterstützt von der französischen Regierung, zeichnen nunmehr Abgeordnete aller Parteien der Nationalversammlung mit.

Präsident der Nationalversammlung ist Bernard Accoyer, von der Union du mouvement populaire (UMP), der Union für die Volksbewegung des Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Er duldet in offiziellen Räumen des französischen Staates israelfeindliche Aktivitäten, den Aufruf zum Bruch der Seeblockade des befreundeten Staates Israel, eines Mitglieds der Vereinten Nationen.

Wie in Deutschland macht sich auch in Frankreich die gesamte politische Klasse offen und ohne jede Scham gemein mit nationalen und internationalen Islamfunktionären sowie mit der vereinigten linksradikalen Szene.

Wie ist die Rechtslage? Ist die Blockade von Gaza legal? 
  • Ja, die Blockade ist nach internationalem Recht legal.
  • Ja, Israel hat den Rechtsanspruch, Schiffe in internationalen Gewässern anzuhalten.
  • Ja, Israel hat den Rechtsanspruch, Gewalt anzuwenden beim Anhalten der Schiffe.
  • Und nein, das ist keine "Piraterei", unter welcher juristischen Definition auch immer.
Das anzuwendende rechtlich anerkannte Dokument heißt: San Remo Manual on International Law Applicable to Armed Conflicts at Sea.

Das ändert nichts daran, daß in der zweiten Maihälfte dieses Jahres erneut eine Gaza-Flottille in See stechen wird, "entschlossener denn je, der Blockade ein Ende zu bereiten", die Flottille de la Liberté, die "Freedom Flotilla Two". Es werden mindestens doppelt so viele Schiffe sein, die noch mehr Aktivisten und humanitäre Hilfsgüter als im letzten Jahr transportieren werden, liest man auf danactu-résistance. Der Reisekader des Flottillen-Projekts ist vom 4. bis 6. Februar 2011 in Madrid. Da ist es noch nicht bekannt, daß die ägyptische Militärregierung den Grenzübergang Rafah geöffnet hat. Diese Information möge auch möglichst nicht verbreitet werden, denn wie sollte die Operation gegen die Blockade noch gerechtfertigt werden?

300 Personen täglich dürfen die Grenze in Richtung Ägypten passieren, berichtet Antiwar.com, am 22. Februar 2011. Der Grenzübergang werde ununterbrochen geöffnet sein, demnächst rund um die Uhr. Die Zeiten der Gewinne für Tunnelbetreiber geht ihrem Ende entgegen, alles kann jetzt über die Grenze gebracht werden, von modernem medizinischen Gerät bis zu Waffen für Terror und Krieg gegen Israel.

Das ändert jedoch nichts am Projekt "Un bateau pour Gaza"; denn es geht nicht um Personen- und Gütertransfer von und nach Gaza, sondern um die Delegitimierung Israels, dem das Recht abgesprochen wird, die Grenze vor einem Feind zu schließen, der sich weigert, seine kriegerischen Handlungen zu beenden. Am 24. März 2011 berichtet Ulrich Sahm aus Jerusalem: "Der Anschlag auf eine Busstation in Jerusalem sorgt weltweit für Empörung. Schlimmer jedoch als diese Bombe ist der ständige Beschuss israelischer Orte aus dem Gazastreifen. Ministerpräsident Netanjahu droht bereits mit einer 'harten, verantwortungsvollen und überlegten Reaktion'."

Das läßt die französische Regierung unbeeindruckt; nirgendwo hört oder liest man, daß dem französischen Schiff für Gaza Einhalt geboten wird. Im Gegenteil: Ende Mai neue Flottille für Gaza vorgesehen, titelt L'Indépendant, am 2. April 2011 in seinen Kurzmeldungen über die Ereignisse der Welt und ergänzt, daß Ministerpräsident Benjamin Netanyahu den Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-Moon über eine Flottille von 15 Schiffen informiert habe, die als Provokation zur Herausforderung einer Konfrontation "vor allem von islamistischen Extremisten" organisiert würde. Israel sei entschlossen, energische Maßnahmen zu ergreifen, die Flottille daran zu hindern, Gaza zu erreichen.

Die AFP-Meldung Netanyahu seeks UN help to stop flottilla, vom 1. April 2011, ist die Vorlage. Der Ministerpräsident habe den Generalsekretär angerufen. L'Indépendant verfälscht die Meldung, in der nicht "vor allem von islamistischen Extremisten" die Rede ist, sondern "Netanyahu told Ban in a telephone call that among the organisers of the new flotilla are 'extremist Islamic elements whose aim is to create a provocation and bring about a conflagration'." Er erklärte ihm, daß sich unter den Organisatoren der neuen Flottille "extremistische islamische Elemente" befänden.

AFP, ebenfalls die Stimme ihres Herrn, zitiert aus einer Erklärung der Vereinten Nationen, vom 1. April 2011; dort heißt es zur Besorgnis des Benjamin Netanyahu, die Flottille betreffend, Ban "stressed as well that Israel should take meaningful steps to end the closure of Gaza." Ban "betonte auch, daß Israel bedeutende Schritte zur Beendigung der Sperrung Gazas machen sollte." AFP entnimmt aus dem Gespräch und widmet seiner Meldung gar die Überschrift, daß Benjamin Netanyahu Hilfe von den Vereinten Nationen sucht, die Flottille anzuhalten. Davon steht nichts in der zusammenfassenden Erklärung. Ein Hilfeersuchen, welcher Art auch immer, würde in der Erklärung unerwähnt bleiben?

Es scheint sich um eine Erfindung der AFP zu handeln, von der man andererseits gern erführe, welche Position Nicolas Sarkozy und seine Regierung zu dem "Bateau français pour Gaza" einnehmen. Im Internet sucht man vergeblich, was der angebliche Freund Israels dazu sagt, daß von Franzosen offen eine kriegerische Operation gegen Israel vorbereitet wird. Auch der neue Außenminister Alain Juppé äußert sich nicht. Es scheint allgemeines Einverständnis zu herrschen. Das Allparteienkartell gegen Israel schippert weiter vor sich hin.

Für Stéphane Hessel wird auf dem Schiff bestimmt ein Platz freigehalten, und das Quai d'Orsay organisiert und bezahlt ihm, wie schon in den Jahren 2008 bis 2010, gern die Reise.